Am Samstagvormittag hieß der 1. Vorsitzende, Alexander Meurer , die angereisten Teilnehmer im Schulungsraum des Zoo Leipzig herzlich willkommen und eröffnete damit die mittlerweile 16. Jahrestagung der AG Krokodile. Das Vortragsprogramm startete mit einem Bericht des 2. Vorsitzenden der AG, Pascal Ziegler , über Planung und Bau einer Anlage für Paleosuchus palpebrosus. Das im Wohnzimmer untergebrachte Gehege besteht aus einer zweiteiligen Aluminiumwanne mit eingehängtem Landteil. Zur Abdichtung des 1500 l fassenden Wasserteiles dient flüssige Teichfolie. Der Luftraum wird über einen Heizkörper erwärmt, der Wasserbereich mit einem Metall-Spiralrohr, das an die Zentralheizung ange- schlossen ist. Karl-Heinz Voigt unterrichtete uns über seine Beobachtungen bei der embryonalen Entwicklung von Caiman crocodilus. Er pflegt unter anderem zwei Zuchtpaare, von denen eines seit 2008 jährlich Jungtiere erhält, während es bei dem anderen erstmals 2012 zur Ablage von befruchteten Eiern kam. Während ihrer Zeitigung im Inkubator wurden Raum- und Bruttemperatur mehrfach optimiert. In regelmäßigen Abständen wurde zu Kontrollzwecken jeweils ein Ei geöffnet und der Entwicklungsstand sorgfältig dokumentiert. Am 24.01.2013 ( 78. Bruttag ) wurde das erste lebende Jungtier aus dem Ei befreit, am 84. Tage die restlichen Eier geöffnet. Insgesamt 8 kleine Kaimane können als Nachzuchterfolg verbucht werden. In einem kurzen Einwurf wurde darauf hingewiesen, dass SPD und Bündnis 90 / Die Grünen in ihrem Bundestagswahlprogramm die Einschränkung von Handel und Haltung von Wildtieren fordern. Artenschutz, Tierschutz, Faunenverfälschung durch invasiv auftretende Arten sowie die Gefahr sich seuchenhaft ausbreitender Erkran- kungen werden dabei in kaum haltbarer Weise vermischt. Die Anträge wurden zwar zunächst von CDU und FDP abgelehnt, aber die Exotenhaltung wurde ins Wahlprogramm aufgenommen, in den Fokus gerückt und erfährt somit einmal mehr eine negative Außenwirkung. Von Seiten der Tierhalter ist ein argumentatives Vorgehen dagegen unter Einbeziehung ihrer Erfahrungen erforderlich, wobei an jeden von uns der Appell ergeht, sich diesbezügliche Gedanken zu machen. Eine veterinärmedizinische Gegendarstellung ist in Vorbereitung, die die Machbarkeit der Exotenhaltung belegen soll. Unter anderem ist in diesem Zusammenhang die Heraufbeschwörung einer Seuchengefahr argumentativ nicht mehr haltbar. Markus Baur ging im Anschluss auf Probleme bei der Deutung von Verhaltensweisen bei Reptilien in menschlicher Obhut ein. Zunächst wies er darauf hin, dass die Reptilienauffangstation München neben ihrer bisherigen Funktion zunehmend bei Sachverstän- digenbefragungen involviert ist und dadurch an Stellenwert in der Diskussion über die Exotenhaltung gewinnt. Er appellierte an uns Halter, mit einem biologischen Auge auf unsere Tiere zu schauen und ihr Verhalten zu lesen. Dabei sollten wir uns als Halterverband aber nicht nur nach außen hin rechtfertigen und schützen, sondern auch mit kritischen Augen in die eigenen Reihen blicken und "Schwarze Schafe" zurechtweisen statt sie zu dulden. Es wird zunehmend wichtiger, Vorwürfe und Argumente von sogen. Tierschutzorganisationen gegen uns offensiv zu begegnen und zu ent- kräften. Dieser Vortrag ist als .pdf-Datei verfügbar. Alexander Meurer schilderte uns in einem detailierten Bildvortrag das Konzept seiner aus drei separaraten Gehegen aufgebauten Krokodil- anlage. Die einzelnen Bauphasen wurden ebenso dargestellt wie die technischen Grundlagen für den Betrieb. Der Beitrag ist als .pdf-Datei verfügbar. Karl Heinz Fuchs referierte danach über die Reptilienhaut als taxonomisch bedeutendes Identifizierungsmerkmal. Bei der Begutachtung beschlagnahmter Lederwaren aus der Haut von Krokodilen und anderen Reptilien ist zu klären, ob ein Handelsver- bot besteht, und oft zudem eine Altersbestimmung durchzuführen. Dabei wurden altbewährte Bestimmungsmethoden mittlerweile weitgehend gentechnisch bestätigt. Gastgeber und Senior Kurator Fabian Schmidt vom Zoo Leipzig umriss den Beitrag zoologischer Gärten für die Erhaltungszucht am Fall- beispiel des Stumpfkrokodils. Seit 2007 führt er das Europäische Zuchtbuch dieser Art, die in ihrem Fortbestand gefährdet ist und lokal bereits als ausgestorben gilt. Je nach Verbreitungsgebiert unterscheidet man das zentralafrikanische Stumpfkrokodil ( Osteolaemus osborni ) , Tiere aus dem Ogoue- becken ( Osteolaemus tetraspis ) sowie Tiere aus Westafrika, welche jedoch noch nicht wissenschaftlich beschrieben worden sind. Durch Blutproben wurde ein Großteil des europäischen Tierbestandes genetisch eindeutig zugeordnet und Zuchtpaare so zusammengestellt, dass es zu keiner Kreuzung der verschiedenen Arten bzw. Unterarten kommt. Dadurch soll die Reinerbigkeit der Tierpopulationen in zoologischen Gärten langfristig gewährleistet werden, um die Erhaltung der Arten zu sichern. Anschließend berichtete Fabian Schmidt noch über die Haltung der Sunda-Gaviale ( Tomistoma schlegelii ) im Gondwanaland des Zoo Leipzig, einer 16.500 Quadratmeter großen Tropenerlebniswelt.
Tomistoma schlegelii
Den Anfangsbestand bildeten acht Tiere von 100-130 cm Länge. Später wurde ein adultes Weibchen aus dem Tiergarten Ulm bezogen, das in einem separaten Gehege untergebracht wurde. Aufgrund der Nähe beider Gehege zueinander zeigte dieses Weibchen das typische Verhalten eines Muttertieres nachdem es die noch jungen Tomistoma wahrgenommen hatte. Etwa ein Jahr danach kam ein adulter Bulle aus dem Tierpark Berlin hinzu, doch die erhoffte Paarung blieb leider aus. Das Weibchen geht dem Männchen überwiegend aus dem Weg und scheint regelrecht Angst vor ihm zu haben. Erwähnenswert ist noch, dass das Gondwanaland-Gehege so konstruiert ist, dass sich die Zoobesucher immer auf gleicher Ebene zu den Gavialen befinden, da die Tiere scheu auf rämlich erhöhten Publikumsverkehr reagieren. Es folgte ein Bildervortrag von Eddy Even über seinen Aufenthalt im indonesischen Kalimantan, wo er neben freilebenden Leistenkroko- dilen ( Crocodylus porosus ) und Siam-Krokodilen ( Crocodylus siamensis ) auch Sunda-Gaviale ( Tomistoma schlegelii ) zu Gesicht bekam, deren Habitate durch das Trockenlegen von Sümpfen und das Abholzen der Waldbestände immer stärker in Mitleidenschaft gezogen werden und die Folge eine fortschreitende Dezimierung dieser ohnehin schon stark gefährdeten Art ist. Im Anschluss stellte Miroslav Prochazka , der mit seiner Delegation eigens zu unserer Jahrestagung aus Tschechien angereist war, seinen in Eigenleistung konzipierten und ausgebauten Krokodilzoo in Protivin vor. Mitglieder der AG Krokodile hatten 2010 seine Ausstellung im Rahmen einer Exkursion bereits besucht. Die bauliche Umsetzung des Projektes erfolgte in mehreren Etappen. 2005 wurden zunächst Terrarienanlagen für kleinere und mittlere Tiere errichtet, 2008 war die Eröffnung. Alle Gehege verfügen über einen Land- und einen Wasserteil sowie eine Stelle zur Eiablage. Wärmepumpen und Solartechnik gewährleisten eine unabhängige Energieversorgung. Die Temperatur ist variabel steuerbar und kann für die Fortpflanzung gezielt eingesetzt werden. Von 2008 bis 2010 entstanden in einem weiteren Bauabschnitt Großanlagen für Gaviale und Leistenkrokodile. In einer dritten Etappe von 2010 bis 2012 wurden im ersten Stockwerk des Gebäudes Gehege für mittlere bis große Tiere eingerichtet. Ein nichtöffentliches Gebäude dient der Aufzucht von Jungkrokodilen. Miroslav Prochazka ging in Kurzreferaten dann jeweils auf die Nachzucht von Kuba-Krokodilen ( Crocodylus rhombifer ), Siam-Krokodilen ( Crocodylus siamensis ) und Sumpfkrokodilen ( Crocodylus palustris ) in seiner Einrichtung ein. Danach endete der Tag der Veranstaltung mit einem gemeinsamen Abendessen in gemütlicher Runde. Hier gab es noch einmal ausgiebig Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch, Fachsimpeln und Knüpfen neuer Kontakte. Am Sonntagmorgen stand zunächste eine Führung durch das Zooaquarium, das Terrarium und das Gondwanaland, die größte Tropenhalle Europas, auf dem Programm. Im Aquarium ist ein großes Aquaterrarium mit reinerbigen Stumpfkrokodilen ( Osteolaemus tetraspis ) untergebracht, im angrenzenden Terrarium finden sich Glattstirnkaimane ( Paleosuchus palpebrosus ) und Mississippi-Alligatoren ( Alligator mississippiensis ).
Osteolaemus tetraspis
Osteolaemus tetraspis
Paleosuchus palpebrosus
Alligator mississippiensis
Das Gondwanaland vereinigt die Kontinente Asien, Südamerika und Afrika. Auf einem Rundweg läßt sich die prachtvolle tropische Pflanzenwelt vorbei an biotopgerechten Tiergehegen auf Erd-, Stein- und Sand- pfaden aber auch über den Baumwipfeln und mit dem Boot erkunden. In einer der modernsten Krokodilanlagen Europas sind die Sunda-Gaviale ( Tomistoma schlegelii ) untergebracht.
Tomistoma schlegelii
Tomistoma schlegelii
Ferner zeigt das Gondwanaland als absolute Rarität in deutschen Zoos Komodowarane ( Varanus komodoensis ). Senior Kurator Fabian Schmidt gewährte uns zahlreiche Einblicke hinter die Kulissen der Ausstellung. Neben aufwendiger Technik zur Klimasteuerung und Wasseraufbereitung befinden sich dort Abtrenngehege und Quarantänebecken sowie Versorgungseinrichtungen zur Futterzubereitung. Im ersten Redebeitrag stellte unser tschechischer Gast Pavel Moucha die Czech Association for Breeding and Conservation of Crocodilians vor, die 2007 gegründet wurde und ca. 30 Mitglieder stark ist. Sie setzt sich aus Gleichgesinnten für Schutz und Zucht von Krokodilen ein. Die Aktivitäten konzentrieren sich momentan auf das gefährdete Siam-Krokodil ( Crocodylus siamensis ). Im Anschluss berichtete der 1. AG Leiter Alexander Meurer über die im Mai stattgefundene Konferenz der Crocodile Specialist Group ( CSG ) in Sri Lanka. Die CSG ist mit insgesamt 490 Mitgliedern aus 62 Ländern die weltweit größte Vereinigung von Krokodilexperten, -forschern und -schützern dieser faszinierenden Reptilien. Die Teilnahme an den CSG Working Meetings steht jedem offen. Das 23.Meeting wird in Lake Charles, Lousiana, USA, vom 26. - 30. Mai 2014 stattfinden. Für die sehr gelungene Tagung im Zoo Leipzig möchten wir allen an der Planung und Durchführung beteiligten Personen herzlich danken, insbesondere dem Senior Kurator Fabian Schmidt und seinem Team. Ein großes Dankeschön möchten wir auch an alle Mitglieder unserer Arbeitsgemeinschaft richten, die in großem Umfang zum Erfolg der Veranstaltung beigetragen haben. Wir sind froh bereits an dieser Stelle bekannt geben zu können, dass unsere nächste Jahrestagung am 14. und 15. Juni 2014 imTiergarten Ulm stattfinden wird. Alle Mitglieder und Freunde sind hierzu herzlich eingeladen. Alexander Meurer, Klaus Berlig |